Dekrete der Pariser Kommune
Zunächst wurde das politische Geschehen durch das Zentralkomitee der Nationalgarde organisiert (ab dem 18. März 1871). Da sie ihre Legitimation auf Kommunalwahlen durch die Bevölkerung von Paris aufbauen wollten, wurden diese schließlich am 26. März durchgeführt. Am 28. März wurde die Pariser Kommune proklamiert und das Zentralkomitee der Nationalgarde übergab die Macht an den gewählten Rat der Kommune. Dieser setzte sich aus einer kleinbürgerlichen Mehrheit und einer proletarischen Minderheit zusammen.
Der Rat der Kommune wirkte in der Zeit vom 28. März bis zum 25. Mai 1871. Mit Beginn der Offensive der Versailler Truppen am 2. April, musste er schließlich am 1. Mai einen Großteil der Entscheidungskompetenzen auf den deutlich kleineren Wohlfahrtsausschuss übertragen.
Dieser beschränkte sich, angesichts der Kampfhandlungen in Paris, gezwungenermaßen in seinem Handeln auf die Verteidigung der Stadt. Für die angefangene politische Arbeit blieb keine Zeit mehr und so ist es umso erstaunlicher, was in den wenigen Wochen an politischen Maßnahmen auf den Weg gebracht und umgesetzt wurde.
Ein Großteil der Dekrete des Rats der Kommune zielte zunächst auf die unmittelbare Verbesserung der Lebensverhältnisse, insbesondere der arbeitenden Bevölkerung, ab. Sie mussten, in einer durch das preußisch-deutsche Militär belagerten und von den Versailler Truppen bedrohten Stadt, die durch den Deutsch-Französischen Krieg erheblich gelitten hatte, das alltägliche Leben organisieren. An den sogenannten “Bäckerei-” oder “Nachtarbeitsdekreten”, kann man zum Beispiel nachvollziehen, wie die Dekrete, unter Einbeziehung der Wirkungen und der Betroffenen, weiterentwickelt wurden.
Durch den Rücktritt großer Teile der gemäßigten Bourgeoisie wurden die Neuwahlen vom 16. April 1871 notwendig. Diese sorgten für eine neue Zusammensetzung des Rats und die Position der Mitglieder der Pariser Sektion der I. Internationale wurde gestärkt. Nun zielten die beschlossenen Maßnahmen deutlicher auf grundlegende soziale Veränderungen der Gesellschaft ab.
Im sogenannten Besoldungsdekret der Kommune wurden die Diäten für Kommunemitglieder auf 15 Francs pro Tag festgelegt.
Das Gehalt der Lehrerinnen und Lehrer wurde dagegen mit 2.000 Francs jährlich festgelegt und damit fast verdoppelt. Das der Assistenten wurde auf 1.500 Francs jährlich erhöht.
Dekret zum Abriss der Vendôme-Säule
In Anbetracht dessen, dass die kaiserliche Säule auf der Place Vendôme ein Monument der Barbarei ist, ein Symbol brutaler Gewalt und falschen Ruhms, eine Lobpreisung des Militarismus, eine Absage an das internationale Recht, eine ständige Beleidigung der Besiegten durch die Sieger, ein fortwährender Angriff auf eines der drei großen Prinzipien der Französischen Republik, nämlich die Brüderlichkeit, soll die Säule auf der Place Vendôme zerstört werden.
Gesetze, Dekrete und Maßnahmen der Pariser Kommune:
- Staat und Kirche wurden getrennt
- Schulen wurden den Kindern aller Schichten zugänglich gemacht
- das stehende Heer zugunsten einer Volksmiliz abgeschafft
- leerstehende Gebäude den Obdachlosen zur Verfügung gestellt
- die Arbeitszeit von 16 auf 10 Stunden verkürzt
- Erstmals erhielten die Frauen per Dekret das Recht auf Arbeit und auf den gleichen Lohn wie Männer
- Das Scheidungsrecht für Frauen wurde eingeräumt
- eheliche und uneheliche Kinder vom Gesetz her gleichgestellt
- Direkte Demokratie – Wählbarkeit und Abwählbarkeit auch der Beamten
- Kürzung des Gehalts aller Beamten auf die Höhe eines herkömmlichen ArbeiterInnenlohnes
- Jederzeitigen Abwählbarkeit der Regierung und ebenfalls gleicher Lohn für die Kommunarden
- die Fabriken geflohener Werksbesitzer gingen in gesellschaftliches Eigentum über und wurden unter ArbeiterInnenkontrolle weitergeführt
- Offene Mietzahlungen wurden erlassen
- mit einem Dekret vom 21. Mai wurden die Theater der Volksbildungskommission unterstellt.
- Viele der in Paris verbliebenen Theaterschaffenden, Komponisten und Maler stellten ihre Kunst in den Dienst der Kommunarden.
- Mitglieder der Nationalgarde, Arbeiter und Frauen aus dem Volk nahmen erstmals selbstbewusst Besitz von den kulturellen Reichtümern.
- Ein Dekret vom 12. Mai 1871 beauftragte den berühmten Maler Gustave Courbet, die Pariser Museen gemeinsam mit einer Künstlergenossenschaft zu übernehmen, die Kunstwerke zu bewahren und Ausstellungen für ein breites Publikum vorzubereiten. In diesem Sinne lehnte die Kommune auch das Ansinnen englischer Kapitalisten ab, wertvolle Gemälde aus dem Louvre zu erwerben
Die unten aufgeführten Dokumente geben einen Einblick in die Vielfalt und Reichweite des damaligen Handelns der Kommunardinnen und Kommunarden. Sie sind in ihren Übersetzungen entnommen aus:
- Florian Grams – Die Pariser Kommune (2., durchgesehene Auflage. PapyRossa, Köln 2019
- Louis Michel – Die Pariser Commune (Aus dem Frz. Von Veronika Berger. Mandelbaum Vlg., 2020)
- Harald Müller – Es begann auf dem Montmartre (Der Kinderbuchvlg., Berlin 1982)
- Jean Villain – Die grossen 72 Tage – Ein Report über die Pariser Kommunarden (Vlg. Volk und Welt, Berlin 1971)
Dekrete, Erklärungen und Veröffentlichungen
Vom 18. März 1871 an, wurde das politische Geschehen durch das Zentralkomitee der Nationalgarde organisiert. Da sie ihre Legitimation auf Kommunalwahlen durch die Bevölkerung von Paris aufbauen wollten, wurden diese schließlich am 26. März durchgeführt. Am 28. März wurde die Pariser Kommune proklamiert und das Zentralkomitee der Nationalgarde übergab die Macht an den gewählten Rat der Kommune. Dieser setzte sich aus einer kleinbürgerlichen Mehrheit und einer proletarischen Minderheit zusammen.
Der Rat der Kommune wirkte in der Zeit vom 28. März bis zum 25. Mai 1871. Mit Beginn der Offensive der Versailler Truppen am 2. April, musste er schließlich am 1. Mai einen Großteil der Entscheidungskompetenzen auf den deutlich kleineren Wohlfahrtsausschuss übertragen.
Dieser beschränkte sich, angesichts der Kampfhandlungen in Paris, gezwungenermaßen in seinem Handeln auf die Verteidigung der Stadt. Für die angefangene politische Arbeit blieb keine Zeit mehr und so ist es umso erstaunlicher, was in den wenigen Wochen an politischen Maßnahmen auf den Weg gebracht und umgesetzt wurde.
Ein Großteil der Dekrete des Rats der Kommune zielte zunächst auf die unmittelbare Verbesserung der Lebensverhältnisse, insbesondere der arbeitenden Bevölkerung, ab. Sie mussten, in einer durch das preußisch-deutsche Militär belagerten und von den Versailler Truppen bedrohten Stadt, die durch den Deutsch-Französischen Krieg erheblich gelitten hatte, das alltägliche Leben organisieren. An den sogenannten “Bäckerei-” oder “Nachtarbeitsdekreten”, kann man zum Beispiel nachvollziehen, wie die Dekrete, unter Einbeziehung der Wirkungen und der Betroffenen, weiterentwickelt wurden.
Durch den Rücktritt großer Teile der gemäßigten Bourgeoisie wurden die Neuwahlen vom 16. April 1871 notwendig. Diese sorgten für eine neue Zusammensetzung des Rats und die Position der Mitglieder der Pariser Sektion der I. Internationale wurde gestärkt. Nun zielten die beschlossenen Maßnahmen deutlicher auf grundlegende soziale Veränderungen der Gesellschaft ab.
Die hier aufgeführten Dokumente geben einen Einblick in die Vielfalt und Reichweite des damaligen Handelns der Kommunardinnen und Kommunarden. Sie sind in ihren Übersetzungen entnommen aus:
• Florian Grams – Die Pariser Kommune (2., durchgesehene Auflage. PapyRossa, Köln 2019
• Louis Michel – Die Pariser Commune (Aus dem Frz. Von Veronika Berger. Mandelbaum Vlg., 2020)
• Harald Müller – Es begann auf dem Montmartre (Der Kinderbuchvlg., Berlin 1982)
• Jean Villain – Die grossen 72 Tage – Ein Report über die Pariser Kommunarden (Vlg. Volk und Welt, Berlin 1971)
Erste Erklärung (19. März 1871)
An das Volk.
Bürger!
Das Volk von Paris hat das Joch abgeschüttelt, das man ihm auferlegen wollte.
Gelassen, kaltblütig in seiner Kraft, hat es ohne Furcht und ohne Herausforderung abgewartet, bis die unverschämten Narren die Republik anzutasten versuchten.
Diesmal haben unsere Brüder in der Armee sich geweigert, an die Bundeslade unserer Freiheiten Hand anzulegen. Wir danken allen, und mögen Paris und Frankreich gemeinsam den Grundstein zu einer mit all ihren Folgen freudig begrüßten Republik legen, der einzigen Regierungsform, die für ewige Zeiten die Ära der Invasionen und des Bürgerkrieges abschließen wird.
Der Belagerungszustand wird aufgehoben.
Das Volk von Paris wird in seinen Sektionen einberufen, um seine Kommunalwahlen abzuhalten.
Die Sicherheit aller Bürger wird durch die Unterstützung der Nationalgarde gewährleistet.
Zweite Erklärung (19. März 1871)
Bürger,
Ihr habt uns mit der Organisation der Verteidigung von Paris sowie eurer Rechte betraut. Wir sind der Meinung, diese Mission erfüllt zu haben. Unterstützt durch Euren großartigen Mut und Eure bewundernswerte Kaltblütigkeit, haben wir die Regierung, die uns verriet, davongejagt.
Damit ist unser Mandat abgelaufen, wir geben es Euch hiermit zurück, denn wir maßen uns nicht an, die Rolle derjenigen zu übernehmen, die der Atem des Volkes hinweggefegt hat.
Bereitet denn also schnellstens Eure Kommunalwahlen vor und schenkt uns so die einzige Belohnung, die wir uns jemals erhofften: Euch eine wirkliche Republik errichten zu sehen.
Die Wahlen erwartend, bleiben wir im Namen des Volkes im Stadthaus.
Sozialdekret (21. März 1871)
In Erwägung, daß der unbillige Krieg, der das Vaterland heimgesucht hat, nur das Werk einer mächtigen Minderheit war und daß es nicht gerecht ist, die ganze Bürde auf die große Mehrheit abzuwälzen, die Elend und Hunger hat ertragen müssen;
In Erwägung, daß der Belagerungszustand das industrielle und kommerzielle Leben der Nation ins Stocken gebracht und die Hilfsmittel des Handwerkers, des Kaufmannes und des Arbeiters völlig erschöpft hat, während das hinreichend mächtige Kapital nur eine vorübergehende Einbuße an Zinsen erleidet;
In Erwägung, daß das Volk von Paris für die Verteidigung des Vaterlandes weder mit seinem Blute noch mit seiner Entsagung gegeizt hat und es nur gerecht ist, wenn die, welchen ihre Vermögenslage es gestattet hat, sich im Grunde dem schmerzlichen Druck des Hungers und des Bombardements zu entziehen, entsprechend ihrem Vermögen mit einer Steuer belastet werden, verordnet das Zentralkomitee:
Artikel 1 – In zweiundzwanzig Arrondissements gelangt die Summe von einer Million zur Verteilung, das Resultat der Sparsamkeit, die wir durch unsere Verwaltung und durch die Streichung sämtlicher Gehälter der früheren Regierung erzielt haben. Diese Summe ist zur Unterstützung notleidender Familien bestimmt und wird durch die neuen Munizipalbehörden gerecht verteilt werden.
Artikel 2 – Sämtliche bis einschließlich April fälligen Mieten, die die Summe von 250 Francs nicht übersteigen, sind dem im Rückstand befindlichen Mietern zu erlassen.
Die in der gleichen Frist fälligen Mieten von 250 Francs bis 800 Francs werden um zwei Drittel herabgesetzt.
Die Mieten zwischen 800 und 1500 Francs werden um ein Drittel herabgesetzt.
Eine Ausnahme von dieser letzten Entlastung bilden die Wohnräume jener Bürger, die keinen Beruf haben.
Um die Interessen der Eigentümer zu schützen, wird eine Untersuchungskommission die Entschädigungen festsetzen, die ihnen auf Grund ihrer finanziellen Lage zugebilligt werden können.
Artikel 3 – Verfallende Handelswechsel und fällige Hypothekenzinsen bis einschließlich 1. April werden erst zum 1. Oktober eintreibbar, und es dürfen nur für sechs Monate Zinsen gefordert werden, denn so lange hat die Belagerung gedauert.
Artikel 4 – Alle verpfändeten Gegenstände, welcher Art sie auch seien, deren Wert fünfzehn Francs nicht übersteigt, werden ihren Besitzern unentgeltlich zurückgegeben.
Die erforderlichen Summen, um die Leihhäuser für die Durchführung des Artikels 4 zu entschädigen, werden durch eine proportionale Steuer aufgebracht, die sämtliche während der Belagerung geflüchteten Personen zu entrichten haben.
Aufruf des Zentralkomitees der Nationalgarde vom 22. März 1871
Bürger,
Ihr seid aufgerufen, eure Gemeindeversammlung zu wählen. Zum ersten Mal seit dem 4. Dezember ist die Republik von der Herrschaft ihrer Feinde befreit. Entsprechend dem republikanischen Recht ruft ihr euch durch die Vermittlung eures Komitees selber zusammen, um Männern, die ihr selbst wählt, ein Mandat zu erteilen, das ihr selbst bestimmt. Eure Souveränität ist euch völlig anheimgegeben, ihr seid euer eigener Herr. Nützt diese kostbare, vielleicht einzige Stunde, um euch der kommunalen Freiheit zu bemächtigen, deren sich anderswo die bescheidensten Dörfer erfreuen und deren man euch für so lange Zeit beraubt hatte.
Wenn ihr eurer Stadt eine starke kommunale Organisation gebt, werdet ihr den ersten Grundstein zu eurem Recht, ein unzerstörbares Fundament für eure republikanischen Institutionen legen. Das Recht der Stadt ist ebenso unverjährbar wie das der Nation. Die Stadt muß ebenso wie die Nation ihre Versammlung haben, die ohne Unterschied Munizipalversammlung, Gemeindeversammlung oder Kommune heißt.
Gerade diese Versammlung hätte noch kürzlich die Kraft und den Erfolg der nationalen Verteidigung sichern können und kann heute die Kraft und das Wohl der Republik befestigen.
Diese Versammlung gründet eine wirkliche und einzig dauerhafte Ordnung, indem sie sich auf die oft erneuerte Zustimmung einer oft befragten Majorität stützt, und beseitigt alle Anlässe zu Konflikten, zu Bürgerkriegen und Revolutionen, indem sie jeden Gegensatz zwischen der politischen Meinung von Paris und der zentralen Exekutivgewalt beseitigt.
Sie schützt zugleich das Recht der Stadt und das Recht der Nation, das der Hauptstadt und das der Provinz, teilt zwei Kräften ihren gerechten Einfluß zu und versöhnt die beiden Geister.
Schließlich gibt sie der Stadt eine nationale Miliz, die die Bürger gegen die Regierung verteidigt, an Stelle eines stehenden Heeres, das die Regierung gegen die Bürger verteidigt, und eine Gemeindepolizei, die die übeltäter verfolgt, an Stelle einer politischen Polizei, die die ehrlichen Leute verfolgt.
Diese Versammlung ernennt aus ihrer Mitte besondere Komitees, die ihre verschiedenen Befugnisse unter sich aufteilen (Unterricht, Arbeit, Finanzen, Wohlfahrt, Nationalgarde, Polizei usw.). Die Mitglieder der Munizipalverwaltung, die unablässig kontrolliert, überwacht und von der öffentlichen Meinung kritisiert werden, sind abberufbar, verantwortlich und Rechenschaft schuldig.
Eine solche Versammlung, die freie Stadt im freien Lande, ihr werdet sie schaffen. Bürger, es muß euch eine Ehre sein, durch eure Stimme zu “dieser Gründung beizutragen. Ihr werdet Paris den Ruhm verschaffen, den ersten Grundstein zu einem neuen sozialen Gebäude gelegt, als erstes eine republikanische Kommune gewählt zu haben. Bürger! Paris will nicht herrschen, aber es will frei sein. Es strebt keine andere Diktatur an, als die des Beispiels. Es will weder seinen Willen aufdrängen, noch ihn preisgeben. Dekrete zu erlassen ist ihm nicht wichtiger als sich einem Plebiszit zu unterwerfen. Es beweist die Bewegung, indem es selber voranschreitet, und bereitet die Freiheit der anderen vor indem es die seine begründet. Es stößt niemand mit Gewalt auf den republikanischen Weg, es begnügt sich damit, ihn als erstes zu beschreiten.
Erstes Bäckereidekret (25. März 1871)
In Erwägung der berechtigten Forderungen der gesamten Bäckergesellenkorporation ordnet die Exekutivkommission an:
Artikel 1 – Die Nachtarbeit wird abgeschafft.
Artikel 2 – Die von der früheren kaiserlichen Polizei eingerichteten Stellenvermittlungen werden abgeschafft. Sie werden durch ein Register in den einzelnen Bürgermeistereien ersetzt, in das sich die Bäckergesellen eintragen können. Das Handelsministerium richtet ein zentrales Register ein.
Erklärung der Commune (28. März 1871)
Bürger,
unsere Commune ist gegründet. Das Wahlergebnis des 26. März bestätigt die siegreiche Republik.
Eine Macht, die uns feige unterdrücken will, hatte euch am Hals gepackt, ihr musstet in legitimer Verteidigung diese Regierung zurückweisen, die euch entehren wollte, indem sie euch einen König aufgezwungen hätte. Heute missbrauchen diese Kriminellen, von deren Verfolgung ihr abgesehen habt, eure Größe, um vor den Toren der Stadt einen Unruheherd monarchistischer Konspiration zu organisieren. Sie rufen nach Bürgerkrieg, setzen alle korrupten Kräfte in Bewegung, scheuen keine Komplizenschaft und haben sogar gewagt, die Unterstützung des Auslands zu erbetteln.
Wir rufen Frankreich und die ganze Welt auf, über dieses schändliche Benehmen zu urteilen.
Bürger, ihr habt uns gerade Ämter übertragen, die jedweder Versuchung standhalten werden.
Ihr selbst seid Meister eures Schicksals, kraft eurer Unterstützung wird die Vertretung, die ihr eingesetzt habt, die Schäden reparieren, die durch die gefallene Macht verursacht worden sind.
Alles, was Schaden genommen hat und zum Erliegen gekommen ist: Industrie, Arbeit, Handel, wird nun kräftigen Auftrieb erhalten.
Ab heute gibt es den von euch herbeigesehnten Beschluss über Mieten, morgen entscheiden wir über die Fristen von Fälligkeiten.
Alle öffentlichen Behörden werden wieder eingesetzt und ihr Zugang wird vereinfacht.
Die Nationalgarde, ab sofort die einzige bewaffnete Kraft der Stadt, wird ohne Aufschub reorganisiert.
Das sind unsere ersten Taten.
Die vom Volk Gewählten erwarten von diesem, um den Triumph der Republik zu gewährleisten, nur, dass es sie mit seinem Vertrauen unterstützen möge.
Ihrerseits werden sie ihre Pflicht übernehmen.
Militärdekret (29. März 1871)
Die Kommune von Paris verordnet:
1. Der Militärdienst ist abgeschafft;
2. Außer der Nationalgarde darf keine bewaffnete Macht in Paris geschaffen oder zugelassen werden;
3. Alle wehrfähigen Bürger gehören der Nationalgarde an.
Erstes Wohnungsdekret (29. März 1871)
Die Kommune von Paris,
in Erwägung,
dass Arbeit, Industrie und Handel alle Kriegskosten zu tragen haben, dass es gerecht ist, wenn auch das Eigentum dem Lande Opfer bringe,
verordnet:
Artikel 1 – Sämtlichen Mietern wird die Zahlung der Mieten für die Termine Oktober 1870, Januar und April 1871 erlassen.
Artikel 2 – Sämtliche von den Mietern in den neun Monaten bezahlten Beträge sind auf die künftigen Termine anzurechnen.
Artikel 3 – Ebenso wird den Bewohnern möblierter Räume die Zahlung der fälligen Mieten erlassen.
Artikel 4 – Alle Verträge sind nach Belieben des Mieters während einer Dauer von sechs Monaten, gerechnet vom Datum dieses Dekrets an, kündbar.
Artikel 5 – Sämtliche ausgesprochenen Kündigungen werden auf Verlangen des Mieters um drei Monate hinausgeschoben.
(Ein besonderes Dekret wird die Frage der Hvpothekenzinsen regeln.)
Dekret über die Gehälter (2. April 1871)
Die Kommune von Paris
in Erwägung,
dass bis zum heutigen Tage die höheren Stellungen im Staatsdienst durch die mit ihnen verknüpften großen Gehälter als eine besondere Vergünstigung angestrebt und verliehen werden
in Erwägung,
dass es in einer wirklichen demokratischen Republik weder Sinekuren noch übertriebene Gehälter geben dürfte,
verordnet:
Erster und einziger Artikel: Das Höchstgehalt der Angestellten in den verschiedenen Kommunalverwaltungen wird auf 6.000 Francs jährlich festgesetzt.
Dekret über die Trennung von Staat und Kirche (3. April 1871)
Die Kommune von Paris,
in Erwägung, dass der erste Grundsatz der französischen Republik die Freiheit ist,
in Erwägung, dass die Gewissensfreiheit die erste aller Freiheiten ist,
in Erwägung, dass das Kultusbudget diesem Grundsatz widerspricht,
in Erwägung schließlich, dass der Klerus Helfershelfer der Verbrechen der Monarchie gegen die Freiheit war,
verordnet:
Artikel 1 – Kirche und Staat werden getrennt.
Artikel 2 – Die staatlichen Zuwendungen für Kirchenzwecke werden abgeschafft.
Artikel 3 – Die sogenannten unveräußerlichen Güter, bewegliche und unbewegliche, die sich im Besitz religiöser Körperschaften befinden, werden zu Nationaleigentum erklärt.
Artikel 4 – Es wird sofort eine Untersuchung vorgenommen, um die Art dieser Güter festzustellen und sie der Nation zur Verfügung zu stellen.
Aufruf des Zentralkomitees der Nationalgarde vom 5. April 1871
Arbeiter täuscht Euch nicht, dies ist die große Schlacht; das Schmarotzertum und die Arbeit, die Ausbeutung und die Produktion sind miteinander handgemein geworden. Wenn Ihr es müde seid, in Ungewissheit dahinzuvegetieren und im Elend zu verkommen; wenn Ihr wollt, dass Eure Kinder Menschen seien, die aus ihrer Arbeit Nutzen ziehen und nicht eine Art besonders dressierter Tiere für die Fabrik oder den Kampf; (…) wenn ihr nicht mehr wollt, dass Eure Töchter zu Werkzeugen der Lust in den Armen der Geldaristokratie werden; wenn Ihr nicht mehr wollt, dass Ausschweifung und Elend die Männer in die Hände der Polizei und die Frauen in die Arme der Prostitution treiben; wenn Ihr schließlich wollt, dass die Gerechtigkeit herrsche, dann, Arbeiter seid klug, erhebt Euch und schleudert mit kräftiger Hand die schmutzige Reaktion zu Boden!
Dekret zur Versorgung der Witwen und Waisen (10. April 1871)
Die Kommune von Paris,
da sie die Witwen und Waisen aller für die Verteidigung der Rechte des Volkes gefallenen Bürger adoptiert hat,
verordnet:
Artikel 1 – Eine Pension von 600 Francs wird der Frau, sei sie verheiratet oder nicht, des für die Verteidigung der Rechte des Volkes getöteten Nationalgardisten gewährt, nachdem eine Untersuchung ihre Ansprüche und Bedürfnisse festgestellt hat.
Artikel 2 – Jedes Kind, ob anerkannt oder nicht, erhält bis zum Alter von 18 Jahren eine jährliche Pension von 365 Francs, zahlbar in Zwölftein … ”
Bauernmanifest (10. April 1871)
Kommune von Paris
an die Arbeiter auf dem Lande!
Bruder, man betrügt Dich. Unsere Interessen sind dieselben. Das, was ich fordere, willst auch Du. Die Befreiung, die ich fordere, ist auch die Deine. Was kommt es darauf an, ob Land oder Stadt, wenn es dem, der allen Reichtum dieser Welt erzeugt, an Brot und Kleidung, Obdach und Hilfe fehlt? Kommt es darauf an, ob der Bedrücker Großgrundbesitzer oder Industrieunternehmer heißt? Bei Dir wie bei uns ist der Tag lang und hart und bringt nicht einmal so viel ein, wie es die leiblichen Bedürfnisse verlangen. Du entbehrst ebenso wie ich die Freiheit, die Muße, das Leben des Geistes und des Herzens. Wir beide, Du und ich, sind immer noch die Vasallen des Elends.
Seit fast einem Jahrhundert, Bauer, armer Tagelöhner, erzählt man Dir, dass das Eigentum die heilige Frucht der Arbeit sei, und Du glaubst es. Aber öffne doch Deine Augen und blicke um Dich. Sieh selber, und Du wirst sehen, dass das eine Lüge ist. Du bist alt, Du hast Dein Leben lang gearbeitet, hattest Tag für Tag von früh bis abends den Spaten oder die Sichel in Händen und bist dennoch nicht reich, hast nicht einmal ein Stück Brot für Dein Alter. Alle Deine Gewinne sind für die mühselige Erziehung Deiner Kinder draufgegangen, welche die Konskription Dir nehmen wird, oder sie werden, wenn sie geheiratet haben, dasselbe Rackerleben führen, wie Du es geführt hast, und im Elend enden, wie Du im Elend enden wirst.
Denn sobald sich die Kraft Deiner Glieder erschöpft hat, findest Du keine Arbeit mehr, Du fällst Deinen Kindern zur Last mit der Bürde Deines Alters, und bald wirst du gezwungen, den Quersack auf dem Rücken, in demütiger Haltung von Tür zu Tür zu ziehen und um ein verächtliches, kärgliches Almosen zu betteln.
Nein, Bruder, die Arbeit schafft nicht das Eigentum. Das Eigentum überträgt sich durch Zufall oder wird durch List erworben. Die Reichen sind Müßiggänger, die Arbeitenden sind arm – und bleiben arm. Das ist die Regel, alles andere nur eine Ausnahme.
Und das ist nicht gerecht. Deshalb regt sich Paris, das Du im Vertrauen auf die Leute, die ein Interesse, Dich zu betrügen, so schwer beschuldigst, deshalb stellt es Forderungen auf, deshalb erhebt es sich und will die Gesetze ändern, die den Reichen alle Macht über die Arbeiter geben.
Paris will, dass der Sohn des Bauern eine ebenso gute Erziehung erhalte wie der Sohn des Reichen, und zwar umsonst, in Erwägung, dass die menschliche Wissenschaft das gemeinsame Gut aller Menschen ist und für die Lebensführung nicht weniger nützlich als das Auge zum Sehen.
Paris will, dass kein König mehr da sei, der 30 Millionen vom Gelde des Volkes empfängt und darüber hinaus noch seine Familie und seine Günstlinge bereichert. Paris will, sobald diese große Ausgabe nicht mehr zu leisten ist, die Steuern stark vermindern. Paris verlangt, dass es keine mit 20.000, 30.000 und 100.000 Francs bezahlten Ämter mehr gibt, dass nicht mehr ein einzelner Mensch in einem einzigen Jahr das Vermögen mehrerer Familien verzehren darf und dass man von den ersparten Geldern Altersheime für die Arbeiter errichtet.
Paris fordert, dass jeder, der nicht Eigentümer ist, keinen Sou Steuer bezahlt, dass derjenige, der nur ein Häuschen und einen Garten besitzt, auch noch nichts bezahlt, dass die kleinen Vermögen leichter besteuert werden und die ganze Steuerlast auf die Reichen fällt.
Paris verlangt, dass jene Deputierten, Senatoren und Bonapartisten, welche den Krieg verschuldet haben, die fünf Milliarden an Preußen bezahlen und dass man zu diesem Zweck ihre Besitzungen verkauft, samt den sogenannten Krongütern, die wir in Frankreich nicht mehr nötig haben.
Paris verlangt, dass das Gerichtswesen die, welche es brauche, nichts mehr kostet und dass das Volk selber seine Richter unter den anständigen Leuten des Bezirkes wählt.
Paris wünscht schließlich, hör gut zu, Landarbeiter, armer Tagelöhner, kleiner Besitzer, den der Wucher auffrisst, Häusler, Halbpächter und Pächter, Ihr alle, die Ihr sät, erntet und Euren Schweiß vergießt, damit der Hauptteil Eurer Produkte jemandem zufalle, der gar nichts tut – Paris will zu guter Letzt den Bauern den Boden, dem Arbeiter das Werkzeug, allen aber Arbeit geben.
Der Krieg, den Paris jetzt führt, ist ein Krieg gegen den Wucher, gegen die Lüge und gegen die Faulheit. Man sagt Euch: ‚Die Pariser, die Sozialisten, wollen alles aufteilen.‘ Nun, ihr guten Leute, seht Ihr nicht, wer das zu Euch sagt? Sind nicht diejenigen die Enteigner und Teiler, die nichts tun und üppig von der Arbeit der anderen leben? Habt Ihr noch nie einen Dieb, um von der richtigen Spur abzulenken, ausrufen hören: ‚Haltet den Dieb!‘ und ihn davonlaufen sehen, während man den Bestohlenen festnahm?
Ja, die Früchte der Erde denjenigen, die sie bestellen! Jedem das Seine! Allen die Arbeit!
Keine ganz Reichen und keine ganz Armen mehr!
Keine Arbeit mehr ohne Ruhe, und keine Ruhe mehr ohne Arbeit!
Das ist möglich; denn es wäre besser, an gar nichts zu glauben, als dass die Gerechtigkeit nicht möglich sei.
Man braucht dazu nur vernünftige Gesetze, die sofort zustande kommen werden, wenn die Arbeiter sich nicht mehr freiwillig von den Müßiggängern übertölpeln lassen.
Ihr seht also, Landbewohner, die Sache von Paris ist auch die Eure, und Paris arbeitet nicht nur für den Arbeiter, sondern auch für Euch. Die Generale, die es angreifen, sind dieselben Generale, die Frankreich verraten haben. Die Deputierten, die Ihr, ohne sie zu kennen, gewählt habt, wollen uns Henri V. wiederbringen. Wenn Paris fällt, wird das Joch des Elends auf Eurem Nacken lasten und auf dem Nacken Eurer Kinder. Verhelft ihm also zum Siege, und was auch kommen mag, merkt Euch diese Worte – es wird so lange Revolutionen geben, solange nicht die Losung gilt: Die Erde den Bauern, das Werkzeug dem Arbeiter, die Arbeit für alle!
gezeichnet: Die Arbeiter von Paris
(verfasst von André Léo und Benoit Malon)
Dekret zur Enteignung von Produktionsbetrieben (16. April 1871)
Die Kommune von Paris.
In Erwägung, dass eine Anzahl von Fabriken von ihren Leitern verlassen wurden, welche ohne Rücksicht auf die Interessen der Arbeiter flüchteten und sich ihrer Bürgerpflicht entzogen –
in Erwägung, dass infolge dieser feigen Flucht zahlreiche für das kommunale Leben wichtige Arbeiten unterbrochen sind und die Existenz der Arbeiter auf dem Spiele steht, ordnet die Kommune von Paris an:
Die Syndikatskammern der Arbeiter werden zusammengerufen, um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der die Aufgabe hat:
1. eine Statistik der verlassenen Fabriken aufzustellen sowie eine genaue Beschreibung des Zustandes, in dem sie sich befinden, und der vorhandenen Arbeitsinstrumente;
2. einen Bericht vorzulegen, der die praktischen Bedingungen für die sofortige Inbetriebnahme dieser Fabriken darlegt, und zwar nicht mehr durch die Deserteure, die sie verlassen haben, sondern durch die kooperative Assoziation der Arbeiter, die in ihnen beschäftigt waren;
3. einen Plan für die Bildung dieser kooperativen Arbeitsgesellschaften auszuarbeiten;
4. ein Schiedsgericht einzusetzen, das bei der Rückkehr der Unternehmer die Bedingungen für die endgültige Abtretung der Fabriken an die Arbeitergesellschaften und die von den Gesellschaften an die Unternehmer zu zahlende Entschädigung bestimmen soll.
Dieser Untersuchungsausschuss hat seinen Bericht an die Kommission für Arbeit und Handel zu richten, und diese ist verpflichtet, der Kommune binnen kürzester Frist einen Entwurf zu einem Dekret zu unterbreiten, das sowohl den Interessen der Kommune wie denen der Arbeiter gerecht wird.
Dekret zur Arbeitsvermittlung (20. April 1871)
Kommune von Paris.
Kommission für Arbeit, Industrie und Handel.
Artikel 1 – In allen Bürgermeistereien liegt ein Register aus, in das sich die Arbeiter eintragen sollen, und zwar auf der einen Seite mit ihrem Beruf und auf der anderen Seite mit ihren Ansprüchen und ihrem Arbeitsangebot.
Artikel 2 – Ebenso liegt in den Bürgermeistereien ein Register aus, in welchem die Gesellschaften, die Unternehmer jeglicher Art, die Fabrikbesitzer, die Gewerbetreibenden, die Kaufleute und so weiter vermittels eines ausführlichen Lastenheftes den Charakter und die sozialen Vorteile der Arbeit, die sie zu offerieren in der Lage sind, anzeigen sollen.
Artikel 3 – Die Verwalter sämtlicher Bürgermeistereien von Paris werden hiermit aufgefordert, den Interessenten unverzüglich die zur Durchführung dieses Dekrets notwendigen Räume, Register und das Personal zur Verfügung zu stellen.
Artikel 4 – Die Interessenten werden aufgefordert, sich zu versammeln und in ihren Arrondissements eine Unterkommission zu wählen, die sich mit der von der Kommune gewählten Kommission für Arbeit und Handel in Verbindung setzt und gemeinsam mit ihr die zu fassenden Beschlüsse berät.
Zweites Bäckereidekret (20. April 1871)
In Durchführung des Dekrets bezüglich der Nachtarbeit in den Bäckereien und nachdem sie die Bäcker, Meister und Arbeiter befragt hat,
beschließt die Exekutivkommission:
Artikel 1 – Ab Mittwoch, dem 3. Mai, ist die Nachtarbeit in den Bäckereien untersagt.
Artikel 2 – Die Arbeit darf nicht vor fünf Uhr beginnen.
Artikel 3 – Der Delegierte für das Ordnungswesen ist mit der Durchführung dieses Beschlusses beauftragt.
Zweites Wohnungsdekret (25. April 1871)
In Erwägung, dass es ihre Pflicht ist, den Opfern des zweiten Bombardements von Paris Unterkunft zu verschaffen, und
In Erwägung, dass das schnell geschehen muss, ordnet die Kommune von Paris an:
Artikel 1 – Alle leerstehenden Wohnungen werden beschlagnahmt.
Artikel 2 – Die Unterkünfte werden den Bewohnern der bombardierten Viertel nach Maßgabe ihres Bedarfs zur Verfügung gestellt.
Artikel 3 – Der Besitznahme hat ein Ortsbefund voranzugehen, von dem eine Abschrift den Vertretern des flüchtigen Besitzers zu übergeben ist.
Ebenso werden alle Möbelstücke, die Gegenstände enthalten, versiegelt.
Artikel 4 – Die Munizipalbehörden sind mit der unverzüglichen Durchführung des Dekrets beauftragt. Sie haben darüber hinaus nach Maßgabe des Möglichen den Bürgern, die es beantragen, den Umzug zu erleichtern.
Sozialdekret vom 27. April 1871
In Erwägung,
dass gewisse Verwaltungen systematisch Geldstrafen oder Abzüge von den Löhnen und Gehältern eingeführt haben, dass diese Geldstrafen oft unter den nichtigsten Vorwänden verhängt werden und für den Angestellten oder Arbeiter einen wirklichen Schaden bedeuten;
dass diese willkürliche und drückende Eigenmächtigkeit keinerlei rechtliche Grundlage besitzt;
dass die Geldstrafen in Wirklichkeit einen verschleierten Lohnabbau darstellen und den Interessen derjenigen nützen, die sie verhängen, und
dass keine ordentliche Justiz diese in ihrem Wesen wie in ihrer Form gleichermaßen unmoralische Art der Bestrafung kennt,
verordnet die Exekutivkommission auf Vorschlag der Kommission für Arbeit, Industrie und Handel:
Artikel 1 – Keine private oder öffentliche Verwaltung darf den Angestellten und Arbeitern Geldstrafen oder Abzüge diktieren; die im Voraus festgesetzten Löhne müssen restlos ausbezahlt werden.
Artikel 2 – Jeder Verstoß gegen diese Anordnung wird gerichtlich verfolgt.
Artikel 3 – Alle seit dem 18. März unter dem Vorwand der Bestrafung diktierten Geldbußen und Abzüge sind binnen vierzehn Tagen nach Veröffentlichung dieses Dekrets den Berechtigten zurückzuerstatten.
Reglement der Werkstätten des Louvre (3. Mai 1871)
Artikel 1 – Das Werk untersteht der Leitung eines Delegierten bei der Kommune. Der Delegierte wird von den versammelten Arbeitern bestimmt und ist absetzbar beim Nachweis, dass er seine Aufgabe verfehlt hat …
Artikel 2 – Der Werksleiter und die Abteilungsleiter werden ebenfalls von den versammelten Arbeitern bestimmt; sie sind … ebenso wie der Delegierte absetzbar …
Artikel 6 – Täglich versammelt sich der Rat, der die Tätigkeit für den nächsten Tag und die Berichte und Vorschläge berät, die von dem Delegierten der Leitung, von dem Werksleiter, von den Abteilungsleitern und den Arbeiterdelegierten jeder Abteilung vorgelegt werden.
Artikel 7 – Der Rat besteht aus dem Delegierten der Leitung, dem Werksleiter, den Abteilungsleitern und einem Arbeiter pro Abteilung als Delegiertem …
Artikel 9 – Die Delegierten sind den Arbeitern Rechenschaft schuldig über das, was sie bei der Beratung erfahren haben; sie sind ihre Sprecher beim Leitungsrat und müssen dort ihre Vorschläge und Beschwerden vorbringen …
Artikel l4 – Die Entlassung eines Arbeiters darf nur auf Beschluß des Rates nach dem Bericht des Werksleiters vorgenommen werden.
Artikel 15 – Der Arbeitstag wird auf 10 Stunden festgesetzt …
Artikel 17 – Die Bezüge des Delegierten der Leitung werden auf 250 Francs monatlich festgesetzt …
Artikel 20 – Der Tageslohn der Arbeiter wird vom Rat auf Vorschlag der Abteilungsleiter festgelegt; für die Gegenwart und angesichts der Kriegslage darf er 60 Centimes in der Stunde nicht überschreiten …
Drittes Bäckereidekret (5. Mai 1871)
Auf Vorschlag der Kommission für Arbeit, Industrie und Handel und im Hinblick auf das Dekret der Exekutivkommission vom 20. April, das die Nachtarbeit bei den Bäckern untersagt, beschließt die Kommune von Paris:
Artikel 1 – Jeder Verstoß gegen diese Anordnung führt zur Beschlagnahme der nachts hergestellten Brote, die den Munizipalbehörden zugunsten der Armen zur Verfügung gestellt werden.
Artikel 2 – Dieser Beschluss ist in jedem Bäckerladen an sichtbarer Stelle auszuhängen.
Artikel 3 – Die Munizipalbehörden sind mit der Durchführung dieses Beschlusses betraut.
Dekret der Kommission für das Erziehungswesen (6. Mai 1871)
Kommune von Paris – Berufliche Ausbildung
Eine erste berufsbildende Schule wird demnächst in dem bisher durch die Jesuiten okkupierten Gebäude rue Lhomrnond Nr. 18, V. Arrondissement, eröffnet. Die Kinder ab etwa 12 Jahren und älter, gleichgültig aus welchem Arrondissement, werden hier aufgenommen, um die in den Grundschulen erhaltene Ausbildung zu vervollständigen und gleichzeitig einen Beruf zu erlernen.
Die Eltern werden gebeten, ihre Kinder in der Bürgermeisterei des Pantheon (V. Arrondissement) einschreiben zu lassen, und den Beruf, den das jeweilige Kind erlernen will, anzugeben.
Die Arbeiter, die älter als 40 Jahre sind, und sich als berufsbildende Lehrer bewerben wollen, sollen sich ebenfalls unter Angabe ihres Berufs in der Bürgermeisterei einschreiben lassen.
Wir appellieren gleichzeitig an alle Lehrer für lebende Sprachen, Naturwissenschaften, Zeichnen und Geschichte, die uns ihre
Mitarbeit für diese neue Ausbildung gewähren wollen.
Leihhausdekret (7. Mai 1871)
Die Kommune ordnet an:
Artikel 1 – Jeder vor dem 25. April 1871 ausgestellte Pfandschein, der sich auf die Verpfändung von Kleidungsstücken, Möbeln, Wäsche, Büchern, Bettzeug und Arbeitswerkzeugen bezieht und auf keinen höheren Betrag als auf zwanzig Francs lautet, kann ab 12. Mai dieses Jahres unentgeltlich eingelöst werden.
Artikel 2 – Die oben bezeichneten Gegenstände dürfen nur demjenigen Überbringer ausgehändigt werden, der zugleich den Nachweis seiner Identität und die Bestätigung erbringt, dass er der ursprüngliche Darlehensnehmer ist.
Artikel 3 – Der Delegierte für das Finanzwesen ist beauftragt, sich mit der Verwaltung der Leihhäuser zu verständigen, sowohl was die Regelung der zu gewährenden Entschädigung betrifft als auch wegen der Durchführung dieses Dekrets.
Aufruf der Kommission für das Erziehungswesen an die Gemeindeverwaltungen von Paris (18. Mai 1871)
In Erwägung,
dass die kommunale Revolution ihren wesentlich sozialistischen Charakter festigen muß durch eine Reform des Erziehungswesens, die jedem die reale Basis der gesellschaftlichen Gleichheit – die vollständige Ausbildung, auf die jeder ein Anrecht hat – sichern soll; und die ihm die Erlernung und Ausübung des Berufs erleichtert, zu dem ihn seine Neigung und seine Fähigkeiten lenken … fordert die Delegation für das Erziehungswesen die Gemeindeverwaltungen auf, in Kürze … Angaben über die Gebäude und Einrichtungen zu übermitteln, die am besten geeignet sind, für die sofortige Errichtung von berufsbildenden Schulen, in denen die Schüler gleichzeitig mit der Erlernung eines Berufs ihre naturwissenschaftliche und musische Ausbildung vervollständigen können …
Im sogenannten Besoldungsdekret der Kommune wurden die Diäten für Kommunemitglieder auf 15 Francs pro Tag festgelegt.
Das Gehalt der Lehrerinnen und Lehrer wurde dagegen mit 2.000 Francs jährlich festgelegt und damit fast verdoppelt. Das der Assistenten wurde auf 1.500 Francs jährlich erhöht.
Dekret zum Abriss der Vendôme-Säule
In Anbetracht dessen, dass die kaiserliche Säule auf der Place Vendôme ein Monument der Barbarei ist, ein Symbol brutaler Gewalt und falschen Ruhms, eine Lobpreisung des Militarismus, eine Absage an das internationale Recht, eine ständige Beleidigung der Besiegten durch die Sieger, ein fortwährender Angriff auf eines der drei großen Prinzipien der Französischen Republik, nämlich die Brüderlichkeit, soll die Säule auf der Place Vendôme zerstört werden.
Die Dekrete der Pariser Kommune:
Das Volk von Paris hat das Joch abgeschüttelt
(Sonntag, 19. März , 1871)Zweite Erklärung: Wählt!
(Sonntag, 19. März , 1871)Mietsenkungen und Hilfe für notleidende Familien
(Dienstag, 21. März , 1871)Paris will nicht herrschen, aber es will frei sein
(Mittwoch, 22. März , 1871)Die Nachtarbeit wird abgeschafft
(Samstag, 25. März , 1871)Das sind unsere ersten Taten
(Dienstag, 28. März , 1871)Wehrfähige Bürger gehören der Nationalgarde an
(Mittwoch, 29. März , 1871)In Erwägung: Erstes Wohnungsdekret
(Mittwoch, 29. März , 1871)Höchstgehalt für Beamte
(Sonntag, 2. April , 1871)Trennung von Staat und Kirche
(Montag, 3. April , 1871)Versorgung der Witwen und Waisen
(Montag, 10. April , 1871)Zur Enteignung von Produktionsbetrieben
(Sonntag, 16. April , 1871)Zur Arbeitsvermittlung
(Donnerstag, 20. April , 1871)Nachtarbeit in den Bäckereien II
(Donnerstag, 20. April , 1871)Schnelle Unterkunft für Ausgebombte
(Dienstag, 25. April , 1871)Regeln für die Werkstätten des Louvre
(Mittwoch, 3. Mai , 1871)Erneute Anordnung gegen Nacharbeit
(Freitag, 5. Mai , 1871)Berufliche Ausbildung
(Samstag, 6. Mai , 1871)Pfandscheine unentgeltlich einlösen
(Sonntag, 7. Mai , 1871)Reform des Erziehungswesens
(Donnerstag, 18. Mai , 1871)Manifest der Pariser Kommune
(Montag, 19. April , 2021)