Auf diesem Album, das „Die Grenzgänger“ gemeinsam mit vielen geschätzten Kolleginnen und Kollegen unter Corona-Bedingungen eingespielt haben, geht es um die Lieder, die im Frühjahr 1871 in der 2-Millionen-Metropole Paris gesungen wurden, in einer Weltstadt mit prachtvollen Boulevards, Laden-Passagen und Einkaufs-Galerien, mit Theatern und Salons, in denen neben „Orpheus in der Unterwelt“ die „Revolutions-Etüde“ von Chopin erklang. Am Ende des deutsch-französischen Kriegs, nach einem Hungerwinter, monatelanger Belagerung und Granatenbeschuß wagte die Bevölkerung eine demokratische Revolution, die „Commune“, eine antikapitalistische Stadtgesellschaft.
Sofort wurden Maßnahmen beschlossen, die insbesondere die Lage der unteren Gesellschaftsschichten verbesserten: Uneheliche Kinder wurden rechtlich gleichgestellt, Waisen versorgt, Frauen ein Scheidungsrecht eingeräumt, Richter und andere Beamte wurden nicht mehr ernannt sondern gewählt, leerstehende Wohnungen an Obdachlose vergeben, Mindest- und Maximallöhne eingeführt, der Einfluss der Kirche auf die Schulen beendet, etc… Nach 72 Tagen wurde die „Commune“ durch die vereinigten preußischen und französischen Heere blutig niedergeschlagen, Etwa 20.000 Menschen wurden erschossen, 40.000 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und in die Verbannung geschickt. Auf den Trümmern der Stadt begann die „Belle Epoque“, das „schöne Zeitalter“.
Doch Eugène Pottier, Jean-Baptiste Clément, Louise Michel und andere schrieben nicht nur Lieder, sondern waren selbst beteiligt, diskutierten mit in den republikanischen Clubs und im Rat der „Commune“ und kämpften, als diese angegriffen wurde, an vorderster Front auf der Barrikade und riskierten Leib und Leben. Cléments Lied von der Kirschenzeit (Le Temps de Cerises) erklang in Küchen und in Gefängnissen ebenso wie später auf den Schallplatten von Yves Montand, Nana Mouskouri, Reinhard Mey, Joan Baez und vielen anderen. Louise Michel hielt fest an ihrer Überzeugung einer besseren Welt – selbst im Gefängnis auf Neukaledonien sammelte sie noch die Sagen und Lieder der dortigen Ureinwohner. Und Pottier verfasste im amerikanischen Exil ein wundervolles Lied auf seine nicht getaufte Tochter „Marguerite“, die erste freie Bürgerin der erhofften Weltkommune. Seine „Internationale“ ging um die Welt, wurde ebenso verbotenes Streiklied wie Hymne der Sowjetunion und auch zum Lied der Studenten auf dem „Tian’anmen“ 1989.
Die Überwindung der nationalen Grenzen war eines der Hauptziele der Pariser Kommune: Die Stadt als Weltrepublik. Ihre Fahne wehte auf den Ballons, mit denen man versuchte den Belagerungsring zu überwinden, auf ungezählten Maifeiern und Jahrestagen in der ganzen Welt und flog 1964 in der „Woschod 1“ ins All
Mit: Bremer Ukulelen-Orchester – Aline Barthelemy – Günter Gall – Die Grenzgänger – Klaus der Geiger – Daniel Kahn – Bernd Köhler & Blandine Bonjour — Lagerfeuer-Trio – Mannijo — Manfred Maurenbrecher — Microphone Mafia — Dominik Plangger — Die Polkaholix – Suli Puschban — Sons of Gastarbeita — Andrea Türk — Pauline Floury & Séverin Valière — Jens-Paul Wollenberg – Johanna Zeul u. a.
Die Tage der Commune heute:
Was bisher geschah: Alles Videos bis heute
Das Projekt
Zum 150. Jahrestag der Pariser Kommune, dem 18. März 2021 starteten der Bremer Liedermacher Michael Zachcial (Die Grenzgänger) und das IG-Metall Bildungszentrum Sprockhövel die „72 Tage der Pariser Kommune“.
- Jeden Tag gab es ein Video mit Liedern oder Gedichten der Kommunarden bzw mit direktem Bezug zur „Commune“. Ergänzt werden die Lieder durch einen Podcast mit kurzen Biographien von Kommunard*innen, Reaktionen von Zeitgenossen, Fotos, Zeichnungen, Gemälden etc…
72 Videos: Mit Beiträgen aus Theater, Wissenschaft und Kultur. Von Antje Schrupp, Klaus Gietinger, Florian Grams, Jutta Ditfurth, Michael Fischer, Julia Raab, Christopher Wimmer, Den Schmetterlingen, Neue Bühne Beverstedt, dem IG Metall Geschichtsschwerpunkt Sprockhövel, allen beteiligten Musiker*innen …