Zertrümmert ist der erste Bau
den unsre Brüder kühn errichtet
noch war der Frühling allzu rauh
es liegt die junge Saat vernichtet
die junge Saat
Zum freien Staat
zu Ehr und Ruhm
dem Menschentum
zum gleichen Recht für alle!
Ein Kampf war es wie nie vorher
Sein oder Nichtsein klang die Frage
hier fiel das Vorrecht, liebeleer
die neue Zeit dort in die Waage
die neue Zeit
die uns befreit
von Druck und Last
die sonder Rast
will gleiches Recht für alle!
Der Knechtschaft Schergen siegten ob
sie wälzten sich im Blut der Roten
und so wie sie der blaue Mob
zur Rache rufen drum die Toten!
Zur Rache? Nein!
Zum Sieg allein
trotz Feindes Wut
mit heil’ger Glut
zum gleichen Recht für alle!
Ein andrer Frühling kommt wohl bald
um allem Schlaf ein End zu machen
dann wird, ein Phönix an Gestalt
aus seinem Traum das Volk erwachen
aus seinem Traum
gibt weiten Raum
der Weisheit Rat
dem freien Staat
dem gleichen Recht für alle!
August Geib, Juni 1871
Musik: W. Hilker, auch komponiert von Pollack-Friwitzer
Veröffentlicht in: Der Volksstaat (Leipzig, 17. Juni 1871), August Geib “Gedichte”, Leipzig 1876, “Die neue Welt” (Stuttgart, 3. Jahrgang: 1878, S. 212) Unter dem Titel “71er Maigesang” komponiert von Pollack-Friwitzer, “Vorwärts! Eine Sammlung von Gedichten für das arbeitende Volk”, Zürich 1886, S. 426, “Stimmen der Freiheit”, eine Blütenlese unserer Arbeiter- und Volksdichter, herausgegeben von Konrad Beißwanger, 4. Auflage, Nürnberg 1914.