Herbei ihr Kräft’gen Arbeitsmannen (Pariser Kommune)

ZUR ERINNERUNG AN DIE PARISER KOMMUNE

(Nach der Melodie der Marseillaise)

Herbei ihr kräft’gen Arbeitsmannen
Das Herz in Glut, die Augen hell
Am Tag der Mahnung den Tyrannen
Heut ruft’s uns alle zum Appell
Heut soll ein Lied die Welt durchklingen
Den Opfern, die an Wunden reich
Gefallen sind, so ernst und bleich
Für Volkes Recht im blut’gen Ringen.
Wohlan denn, Mann für Mann, stimmt ein,
zum Schwur die Hand:
Die Arbeit hoch,
Herab ihr Joch!
So tönt’s von Land zu Land

Ja, lang schon hat das Volk ertragen
Der Knechtschaft Joch, so hart und schwer
Als ob das Maß all seiner Klagen
Nicht voll zum Überlaufen wär.
Doch nein, als unsre Brüder litten
Als sie im Übermaß bedrückt
Kühn haben sie das Schwert gezückt
Und kühn bis in den Tod gestritten.
Wohlan denn, Mann für Mann, stimmt ein,
zum Schwur die Hand:
Die Arbeit hoch,
Herab ihr Joch!
So tönt’s von Land zu Land

Nicht Herren mehr und nicht mehr Sklaven
Der Arbeit Frucht dem Arbeitsmann —
So war die Losung jener Braven
So strebten sie zum Ziel hinan
Und als sie sich gleich Helden schlugen
Durchzuckt’ ein freud’ger Hoffnungsstrahl
Die Armen, die in Not und Qual
Vergebens nach Erlösung rufen!
Wohlan denn, Mann für Mann, stimmt ein
zum Schwur die Hand
Die Arbeit hoch
Herab ihr Joch!
So tönt’s von Land zu Land

Fiel auch der Sieg an jenem Tage
Als fr das Volk der Kampf erwacht’
Dem Feinde zu — doch keiner zage
Noch geht der Pulsschlag eurer Macht!
Verbrüdert steht in Süd und Norden
Ob Deutschland euer Heimatland
Ob fern ihm eure Wiege stand
Der Menschheit gilt’s an allen Orten!
Wohlan denn, Mann für Mann, stimmt ein,
zum Schwur die Hand
Die Arbeit hoch,
Herab ihr Joch!
So tönt’s von Land zu Land

Und sollte einst aufs neu erschallen
Der Weckeruf, und muß es sein
So mag der ehrne Würfel fallen
Die Welt vom Unrecht zu befrein.
Nicht Klassenhaß wird dann noch trennen
Die Menschen, nein, zum Völkerbund
Der Recht und Pflicht macht allen kund,
Ein jeder freudig sich bekennen
Wohlan denn, Mann fur Mann, stimmt ein
zum Schwur die Hand
Die Arbeit hoch,
Herab ihr Joch
So tönt’s von Land zu Land!

August Geib , 1873