Im März, im März, beim Frühlingsbeginn
Wo die Erdenkeime erwachen ,
Brachte die Zwingburg das zornige Volk
In all’ ihren Fugen zum Krachen .
Hut ab vor jenen Männern der Tat,
Vor den Insurgenten , den Braven,
Die auf der Schmelz, im Friedrichshain
und Im Pariser Boden jetzt schlafen .
Durchglüht, durchflammt vom heiligen Geist
Rebellischer Leidenschaft schaue
Ich bis ins Reich der künftigen Zeit ,
Auf daß sich mein Herz erbaue.
Voran, voran , du stürmende Schaar .
O zaudre nicht mit dem Schlagen !
Es gilt, es gilt, die letzte Schlacht,
Den Kampf der Entscheidung zu wagen !
Hurrah ! Hurrah ! Ist das ein Getös’
Ein Prasseln , ein Zischen und Brausen ;
Das Horn ertönt, es kracht das Geschütz,
In den Lüften die Kugeln sausen .
Und weit und breit das rote Panier,
Die Fahne der hungernden Massen,
Leuchtet heraus aus dem Pulverdampf
in der Weltstadtzahllosen Gassen .
Und bald verstummt der eherne Mund
Der Könige, Protzen und Pfaffen ;
Es folgt nicht mehr der „brave Soldat”
Den schnarrenden Junkern und Laffen .
Das Volk ist Eins ! Es trennen nicht mehr
Die Krägen , die bunten , und Knöpfe
Den Waffen-Sklaven vom Proletar
zu Gunsten der herrschenden Tröpfe.
Dann vorwärts geht es hinein ins Schloß,
Die Rechnung, die große, zu gleichen .
Der Kaiser erzittert vor jähem Schreck ,
Die schurkischen Prinzen erbleichen .
Hut ab !” befahlen die Alten einst
Dem Zollern in stürmischer Stunde;
„Kopf ab !“ hört man jetzt deutlich und laut
Aus vieltausendstimmigem Munde.
Der Tag war heiß , die Nacht ist so schwül
Für die schuldbewußten Verbrecher ;
Die Trommel wirbelt, die Glocke heult,
Die Straßen durchziehen die Rächer
Es flieh’n die Feinde des Volkes rasch
Nach den Toren , sich eilig zu retten ,
zu spät! Es zieh’n sich rings um die Stadt
Gar kräftige Vorpostenketten
Die Ernte ist reich , der Fang ist groß ,
Des Volkes Justiz hat zu schaffen .
Hier Bürokraten jeglicher Art
Dort Bourgeois , Junker und Pfaffen
Diese erledigt durch Pulver und Blei
Im Hofe der nächsten Kasernen ;
Und die da mit dem Judasgesicht
Mögt hängen ihr an die Laternen .
Das Nest ist leer, geschlossen das Grab,
Nichts wehret den fleißigen Händen
Zu greifen nach selbst geschaffenem Gut
In selbst gezimmerten Wänden
Öffnet die Magazine geschwind,
Die Häuser der Reichen nicht minder ,
Da gibt es Nahrung und Kleidung genug
Für euch , eure Weiber und Kinder .
Von Stadt zu Stadt und von Land zu Land
Ist die Siegesbotschaft gezogen
Es wälzen sich , wie vom Blitze entflammt,
Allüberall feurige Wogen .
Es stürzen Paläste und Burgen ein ,
Es rauchen Altäre und Throne;
Zum Schornstein fliegen Akten hinaus,
In die Gosse sinkt manche Krone.
Die Kette bricht, die Sklaven sind frei,
Nicht länger mehr Knechte der Reichen ,
Die Früchte erntet, wer sie gesät,
In einer Gesellschaft von Gleichen .
O herrliches Bild ! Wie lange noch soll
Ich tragen dich nur in dem Herzen !
Rebellen nehmet die Büchse zur Hand,
Um würdig zu feiern die Märzen ! –
Johann Most: März-Gedanken
Gedichtet im Gefängnis von London , 1882
in: Sturmvögel (Revolutionäre Lieder und Gedichte)