Füsiliade

Soldaten ! Knechte ! Königlich Gesinde !
Köpf in die Höh’, Brust vor ! Und aufgepaßt!
Das letzte Wort ists, das ich Euch verkünde,
Ein ernstes Wort – wir haben ausgespaßt.

Wenn ich Euch sehe mit den stolzen Mienen ,
Den starken Armen : Männer allesammt,
Und dennoch willenlos , gleich wie Maschinen
Denk’ ich : Natur hat Euch dazu verdammt

Weil Ihr den Geist, den freien, blöd’ verkanntet,
Und selber Euch die Ketten angelegt,
Und einen Zauber über Euch erkanntet,
Der Euch mit Blindheit und mit Taubheit schlägt.

Der Zauber kommt von des Despoten Throne,
Gleich wie die Mücke heller Kerzenglanz
Verblendet Euch das Funkeln einer Krone ,
Daß wirren Sinn’s Ihr stürzt zum blutgen Tanz,

Und werdet Mörder , Räuber, Henker , Diebe ,
Grausam und listig ,wie der Wüste Tier ;
Und reißt mit Trommelschall die Bruderliebe
Aus Eures Herzens heimlichstem Revier .

Des Herrschers Laune sehnt sich just nach Blute,
Er winkt – gehorsam dem Kommandowort,
Opfert Ihr Euch mit falschem Heldenmuteu
und rennt zur Schlachtbank brüllend, jauchzend fort.

Des Herrschers Habsucht hat den Krieg entzündet,
Wie gier’ge Wölfe stürzt Ihr in das Land
Des Nachbarn , der Euch lange treu verbündet,
Und unterjocht ihn , bringt ihm Mord und Brand.

Und selbst den Bürger, der nicht länger tragen
Den Druck der Tyrannei kann oder mag,
Sich aufrafft, seine Fesseln zu zerschlagen,
Ihr drückt ihn wieder in die alte Schmach.

Und jubelt, wenn des armen Volkes Rippen
ihr gnädig füllt mit Pulver und mit Blei ;
Und grinst, wenn von den hungerbleichen Lippen
Sich ringt das letzte Wehgeschrei

Und dennoch nennt Ihr frech Euch “Patrioten” !
Fürwahr, Ihr schützt das Vaterhaus, ich weiß :
Wie Spatzen hütet Ihr die reifen Schoten ,
Faulenzer nährend von dem fremden Schweiß .

Soldaten , Knechte, königliche Hunde !
Köpf in die Höh?! Brust vor ! Und trefft nur gut!
Ein freies Herz scheut keine Todeswunde,
Ein freies Herz hat auch zum Sterben Mut

Blaß vor Entsetzen zielten sie und schossen –
Im Blute wälzt sich, der so höhnend sprach ;
Sie aber zogen heim , still und verdrossen ,
Und Manchen reute dieser Ruhmestag

Verfasser: unbekannt
in Sturmvögel (1888)