Frauen der Pariser Commune

Während der preußischen Belagerung entstanden erste Frauenorganisationen in Paris. Mit dem Ausbruch der Commune beteiligten sich diese aktiv an der Tagespolitik und zeigten schon im Moment der Revolution, dass Kampf und Politik nicht ausschließlich den Männern vorbehalten sind.

Die Beschaffung von Lebensmitteln und Brennmaterial war während der Belagerung von zentraler Bedeutung und die Frauen hatten dabei eine entscheidende Rolle. Dadurch entstanden in den Arrondissements weibliche Netzwerke, über die sich die Frauen zunehmend politisierten. In der Commune sahen sie dann ihre Möglichkeit gekommen und nutzten sie.

Im frühen Morgen des 18. März 1871 waren sie die ersten, die in den Straßen von Paris unterwegs waren um Nahrungsmittel zu organisieren. Und somit waren sie auch die ersten, die Alarm schlugen, als die Regierungstruppen versuchten die Kanonen aus der Stadt zu stehlen. Sie verzögerten den Abtransport bis zum Eintreffen der Nationalgarde und durch Diskussionen mit den Regierungstruppen, die Hemmungen hatten auf Frauen und Kinder zu schießen, bewegten sie die ersten Soldaten zum Überlaufen.

Im Alltag der Commune gab es nach wie vor unter den Männern frauenfeindliche Tendenzen und die Frauen machten das zum Thema. Sie stritten mit den Revolutionären über deren durch Proudhon geprägtes frauenfeindliche Bild und sie setzten sich für gleiche Rechte in Ausbildung, Beruf und Gesellschaft ein.

Verankert in den Wachsamkeitskomitees der einzelnen Stadtteile gelang es ihnen Einfluss auf politische Willensbildungsprozesse und Entscheidungen zu nehmen. Dort, in anderen Komitees und in der von Elisabeth Dmitrieff gegründeten Union des Femmes, die zur größten Frauenorganisation der Commune wurde, diskutierten sie frauenpolitische Themen und brachten sie bei Veranstaltungen von politischen Clubs ein. Auch wenn bei ihren Organisationen, bedingt durch deren Struktur und alltäglichen Aufgaben, unterschiedliche Positionen aufeinandertrafen, so stritten sie doch alle für ein solidarisches, gleichberechtigtes Miteinander und waren ein sehr aktiver Bestandteil der Pariser Commune.

Der Großteil des Alltags der Frauen war allerdings die Versorgung der kämpfenden Nationalgarde und die Pflege der Verwundeten. Viele kämpften aber auch selbst in der Nationalgarde bei der Verteidigung der Stadt mit.

Die Commune hatte die Aktivitäten der Frauen unterstützt, in finanzieller Hinsicht ebenso, wie auch durch die Bereitstellung von Räumen und Materialien. Sie erkannte, welch wichtige Stütze die Frauen waren und integrierte viele von ihnen in den Verwaltungsapparat, so dass Frauen zum ersten Mal die Funktion von Gemeinderatsmitgliedern ausüben konnten.

Die Emanzipation der Frau wurde zur Forderung und dazu sollte ein neugestaltetes Erziehungswesen auf den Weg gebracht werden, welches den Bedürfnissen und Erwartungen werktätiger Frauen entsprach. Neben Schulen, auch zur Berufsbildung (am 12. Mai 1871 wird die erste Industrieberufsschule für Frauen eröffnet), gehörten dazu die Einrichtung von Kindergärten und selbst Kinderkrippen waren geplant.

Zwei Dekrete der Kommune gaben dem Verlangen nach Gleichberechtigung Ausdruck. Der Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern wurde dadurch aufgehoben und den Frauen von verwundeten oder gefallenen Nationalgardisten eine Entschädigung gewährt, ob sie nun gesetzlich verheiratet waren oder nicht. Angesichts der Tatsache, dass 26 % der Kinder in Paris unehelich waren, kann erahnt werden, wie bedeutend dies war und mit welcher Freude und Erleichterung dies bei den Frauen aufgenommen wurde.

Es ist schwer zu sagen, wie viele Frauen sich an der Commune beteiligten. An den Versammlungen der Union des Femmes sollen es zwischen 3.000 und 4.000 gewesen sein. Beim Marsch nach Versailles am 4. April, sollen 10.000 Frauen teilgenommen haben. Sie versuchten die Regierung Thiers auf friedliche Art aufzufordern, das Bombardement auf Paris einzustellen, wurden jedoch selbst durch mörderische Granaten daran gehindert ihr Ziel zu erreichen.

Die Gerichtsakten aus den Prozessen nach der Niederschlagung der Commune, weisen im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Angaben vergleichsweise niedrige offizielle Zahlen aus. Demnach waren unter den 270 offiziell Hingerichteten acht Frauen, unter den 410 zur Zwangsarbeit Verurteilten 29, unter den 7.496 Deportierten 36.(1)

Rechtskräftig verurteilt wurden allerdings die wenigsten Frauen und Männer der Commune. Allein bei den Kämpfen in der „Blutwoche“ vom 21. bis 28. Mai, als Versailler Truppen Paris einnehmen, gab es 20.000 bis 30.000 Tote auf Seiten der Commune. Tausende davon wurden ohne offizielles Urteil exekutiert und die Frauen waren zusätzlich sexueller Gewalt ausgesetzt.

Für ihre Ideale und Hoffnungen kämpften und starben die Frauen der Pariser Commune und wurden dafür noch lange Zeit später durch die „Sieger“ in der Presse und in Karikaturen als Mannweiber und Dämoninnen diffamiert.

In der 2020 erstmals auf Deutsch erschienen Autobiographie von Louise Michel(2) wird sehr anschaulich nachvollziehbar, welch wichtige Bedeutung die Frauen für die Commune hatten. Sie zeigt, wie entschlossen insbesondere die Frauen waren und lässt erahnen, wie ungemein schwerer die Niederschlagung der Commune hätte sein können, wenn dieses Engagement auch für die Mehrzahl der Männer gegolten hätte.(3)

Einige der bekanntesten Frauen der Pariser Commune waren:

– Louise Michel
– Elisabeth Dmitrieff
– André Léo
Anne Jaclard
– Paule Mink
– Nathalie Lemel

(1) Angaben aus: Antje Schrupp: Nicht Marxistin und auch nicht Anarchistin – Frauen in der Ersten Internationale, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 1999.
(2) Louise Michel – Die Pariser Commune. Aus dem Französischen von Veronika Berger (Mandelbaum Verlag 2020)
(3) Siehe dazu auch: Buchbesprechung Rainer Venzke in Sozialismus April 2021